Meine Rezension zum kürzlich erschienenen Lexikon zur Keltischen Archäologie wird in der nächsten Ausgabe der Archaeologia Austriaca (ArchA) erscheinen.
Link zur Publikation: http://hw.oeaw.ac.at/6765-5
Link zur Online Ausgabe: http://verlag.oeaw.ac.at/Lexikon-zur-keltischen-Archaeologie-Online-Ausgabe-Privater-Einzelplatzzugang-fuer-12-Monate
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Montag, 29. Juli 2013
Samstag, 17. November 2012
First published paper available!
Soeben habe ich mein Exemplar des Tagungsbandes mit meinem ersten gedruckten Artikel bekommen - vielen Dank Jutta und Raimund!
Michela Vignoli, Eine kulturwissenschaftliche Betrachtungsweise der eisenzeitlichen Kelten. In:
Raimund Karl, Jutta Leskovar, Stefan Moser (Hrsg.), Interpretierte
Eisenzeiten. Die erfundenen Kelten – Mythologie eines Begriffes und
seine Verwendung in Archäologie, Tourismus und Esoterik. Tagungsbeiträge
der 4. Linzer Gespräche zur interpretativen Eisenzeitarchäologie. (=
Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 31) Linz 2012, 23-34.
ISBN 978-3-85474-257-9http://www.landesmuseum.at/publikationen-shop/
Donnerstag, 1. November 2012
Interpretierte Eisenzeiten 5 in Linz
Aus gesundheitlichen Gründen musste ich meinen Vortrag an der fünften Eisenzeiten-Tagung im Schlossmuseum Linz absagen. Mein Abstract kann dennoch hier abgerufen werden. Der Inhalt meines Vortrages hätte hauptsächlich Inhalte meiner Diplomarbeit, sowie zusätzliche Erkenntnisse, die ich aus dem von mir im SS2012 gehaltenen Proseminar zur Keltischen Kultur schöpfen konnte, enthalten sollen. Zusammenfassungen der höchst interessanten Diskussionen können in diesem Blog nachgelesen werden.
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Montag, 2. Juli 2012
Inaugural Bangor Conference of Celtic Studies
Am 23. Juli werde ich an der Inaugural Conference of Celtic Studies in Bangor einen Vortrag halten. Der Abstract zum Vortrag Celtic Culture: a critical analysis of the term with focus on the Iron Age Celts kann hier gelesen werden. Ich freue mich schon darauf!
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Montag, 25. Juni 2012
PS Keltische Kultur: Abschlussdiskussion
In unserem letzten Proseminartermin haben wir uns nochmals einen Überblick über die aktuellen Begriffs-Diskussionen (Kelten- und Kulturbegriff) vor Augen geführt und mögliche Anknüpfungspunkte einer kulturwissenschaftlichen Keltologie angesprochen. Die aktuelle Position des Faches an der Universität Wien und mögliche Alternativen wurden auch kurz diskutiert.
Wir alle sind aus unterschiedlichen Interessen zur Keltologie, bzw. zu keltologischen Themen gestoßen. Der wissenschaftliche Zugang, den wir uns angeeignet haben, ist in erster Linie darauf fokussiert, aus den vorhandenen Informationen möglichst realitätsnahe Schlussfolgerungen und Überlegungen zu erarbeiten, die uns die Rekonstruktion eines Kelten-Bildes (oder besser: mehrerer Kelten-Bilder) ermöglichen. Das Konzept der keltischen Kultur kann uns dazu durchaus dienlich sein; es sollte uns jedoch auch bewusst sein, dass uns durch die Fokussierung auf diese Perspektive andere Bereiche auch verschlossen bleiben werden. Ein gutes und nützliches Konzept ist nicht immer das (einzig) richtige (wie uns die Kulturkritik vor Augen geführt hat). Ebenso sollten wir uns der Problematik des Keltenbegriffes bewusst sein und unsere Theorien zu "keltischen" Themen entsprechend überdenken.
Ein wichtiges Fazit der im Proseminar besprochenen Themen ist, dass wissenschaftliche Begriffe und Theorien generell aus einer kritischen Perspektive angegangen, und nicht selbstverständlich und blind akzeptiert und angewandt werden sollten. Theorien und Konzepte werden immer in einem bestimmten Kontext erarbeitet, und sind dadurch auch nur für bestimmte Kontexte brauchbar, bzw. relevant. Ein wichtiger Aspekt ist, dass jegliche Theorie immer auch viele Bereiche ausklammert, die möglicherweise für die Beantwortung von Forschungsfragen auch relevant sein könnten. Zumindest aus einer (extrem) konstruktivistischen Perspektive betrachtet, handelt es sich bei allen wissenschaftlichen Ansätzen um Konstrukte, die von mehreren Faktoren abhängen, die nicht allein mit dem Forschungsgegenstand zu tun haben. Wenn man so will, ist auch Forschungsarbeit ein sozialer und kultureller Prozess.
Das Interesse an "den Kelten" ist auch in der Öffentlichkeit nach wie vor groß. Ein großes Problem, das immer wieder beobachtet wird ist, dass es für Laien, die sich einen "seriösen" Zugang zur Thematik verschaffen möchten, nahezu ein Ding der Unmöglichkeit ist, an "brauchbare" Informationen zu kommen. Besonders im Internet ist ein großes Über-Angebot an esoterischen und pseudowissenschaftlichen Seiten vorhanden; doch auch für ein nicht Fach-Publikum geeignete Publikationen sind kaum vorhanden. Hier besteht für die Keltologie auf jeden Fall Handlungsbedarf: es sollten mehr "pseudowissenschaftliche" Publikationen von Wissenschaftlern verfasst werden, die auf einfache und gut zugängliche Art das in der wissenschaftlichen Praxis erarbeitete Wissen vermitteln. Die Nutzung der neuen Medien sollte auch viel stärker einbezogen werden. Nur durch eine bessere Präsenz im Internet kann dem Über-Angebot an esoterischen (fehl-)Informationen entgegnet werden (beispielsweise durch die Erstellung eines Kelten-Wikis oder ähnlichem).
Ein weiteres Fazit ist die Forderung nach mehr Aktion. Sich nur über Probleme und Missstände zu unterhalten ist zwar ein guter Anfang, jedoch bringt dieser nicht weit, wenn danach eine Handlung aus bleibt. KeltologInnen sollten vermehrt mit ihren Forschungsergebnissen in die Öffentlichkeit treten, damit diese auch rezipiert werden. Dabei ist ein wichtiger Aspekt der Bezug zum Alltag, der auch in Forschungsbereichen, die sich auf ersten Blick gar nicht auf ihn beziehen, hergestellt werden sollte. Schliesslich leben wir im gegenwärtigen Alltag, und wir möchten unsere Forschungsergebnisse anderen Mitmenschen in verständlicher Art und Weise vermitteln. Die Forschungsarbeit, und v.a. ihre Vermittlung sollte sich nicht als etwas vom Alltag abgehobenem verstehen (auch wenn das Forschungsfeld gar nichts alltägliches ist). Mit gutem Beispiel für eine alltagsnahe Vermittlungsarbeit von höchst abstrakten Theorien geht uns Harald Lesch voran (z.B. http://www.youtube.com/watch?v=lsb558g5h4g).
Doch wie schaut der finanzielle Aspekt aus? Wie wir alle schmerzlich erfahren mussten, wird die kulturwissenschaftliche Keltologie an der Universität Wien als Fachbereich aussterben. Wir sind Teil der letzten Generation, die von diesem interdisziplinären Ansatz profitieren konnte. Dies erschwert zwar einerseits die Situation für diejenigen, die aus ihrer Passion - nämlich der Auseinandersetzung mit kulturwissenschaftlichen Fragen zu "den Kelten" - ihren Beruf machen möchten. Doch diese Situation sollte uns nicht alle Hoffnungen nehmen. Das breite Fachwissen und der inter-, bzw. transdisziplinäre Zugang zu verschiedenen Fachbereichen und Methoden ist eine große Stärke, die uns viele Tore öffnen kann. Die Diskurse um unsere wissenschaftlichen Begriffe und Konzepte - wie beispielsweise die "keltische Kultur" - sind durchaus auch auf andere Fachbereiche übertragbar. Verknüpfungen zu wichtigen Gegenwarts- und Alltagsthemen lassen sich zu Hauf herstellen und zum Zwecke der Beschaffung von Geldgebern vermarkten. Denn auch ohne in Esoterik oder "unseriöser" Pseudowissenschaft abzuschweifen können wir unsere wissenschaftlichen Konstrukte einem breiten Publikum auf fesselnde und bereichernde Art und Weise präsentieren. KeltologInnen sollten gerade in Zeiten, in denen eine universitäre Infrastruktur zusammenbricht, selbstbewusst, vernetzt und organisiert auftreten - und ihr Wissen und ihre Kompetenzen dazu nutzen, dies auf neuen und alternativen Wegen zu versuchen.
Ich möchte mich herzlich bei allen Proseminar TeilnehmerInnen herzlich für die rege Mitarbeit und der engagierten Beteiligung an den Diskussionen bedanken. Meine Ziele für das PS haben sich vollauf erfüllt und ich hoffe, dass nicht nur ich viele gute Anregungen, sowie neue Kontakte mitnehmen konnte.
Wir alle sind aus unterschiedlichen Interessen zur Keltologie, bzw. zu keltologischen Themen gestoßen. Der wissenschaftliche Zugang, den wir uns angeeignet haben, ist in erster Linie darauf fokussiert, aus den vorhandenen Informationen möglichst realitätsnahe Schlussfolgerungen und Überlegungen zu erarbeiten, die uns die Rekonstruktion eines Kelten-Bildes (oder besser: mehrerer Kelten-Bilder) ermöglichen. Das Konzept der keltischen Kultur kann uns dazu durchaus dienlich sein; es sollte uns jedoch auch bewusst sein, dass uns durch die Fokussierung auf diese Perspektive andere Bereiche auch verschlossen bleiben werden. Ein gutes und nützliches Konzept ist nicht immer das (einzig) richtige (wie uns die Kulturkritik vor Augen geführt hat). Ebenso sollten wir uns der Problematik des Keltenbegriffes bewusst sein und unsere Theorien zu "keltischen" Themen entsprechend überdenken.
Ein wichtiges Fazit der im Proseminar besprochenen Themen ist, dass wissenschaftliche Begriffe und Theorien generell aus einer kritischen Perspektive angegangen, und nicht selbstverständlich und blind akzeptiert und angewandt werden sollten. Theorien und Konzepte werden immer in einem bestimmten Kontext erarbeitet, und sind dadurch auch nur für bestimmte Kontexte brauchbar, bzw. relevant. Ein wichtiger Aspekt ist, dass jegliche Theorie immer auch viele Bereiche ausklammert, die möglicherweise für die Beantwortung von Forschungsfragen auch relevant sein könnten. Zumindest aus einer (extrem) konstruktivistischen Perspektive betrachtet, handelt es sich bei allen wissenschaftlichen Ansätzen um Konstrukte, die von mehreren Faktoren abhängen, die nicht allein mit dem Forschungsgegenstand zu tun haben. Wenn man so will, ist auch Forschungsarbeit ein sozialer und kultureller Prozess.
Das Interesse an "den Kelten" ist auch in der Öffentlichkeit nach wie vor groß. Ein großes Problem, das immer wieder beobachtet wird ist, dass es für Laien, die sich einen "seriösen" Zugang zur Thematik verschaffen möchten, nahezu ein Ding der Unmöglichkeit ist, an "brauchbare" Informationen zu kommen. Besonders im Internet ist ein großes Über-Angebot an esoterischen und pseudowissenschaftlichen Seiten vorhanden; doch auch für ein nicht Fach-Publikum geeignete Publikationen sind kaum vorhanden. Hier besteht für die Keltologie auf jeden Fall Handlungsbedarf: es sollten mehr "pseudowissenschaftliche" Publikationen von Wissenschaftlern verfasst werden, die auf einfache und gut zugängliche Art das in der wissenschaftlichen Praxis erarbeitete Wissen vermitteln. Die Nutzung der neuen Medien sollte auch viel stärker einbezogen werden. Nur durch eine bessere Präsenz im Internet kann dem Über-Angebot an esoterischen (fehl-)Informationen entgegnet werden (beispielsweise durch die Erstellung eines Kelten-Wikis oder ähnlichem).
Ein weiteres Fazit ist die Forderung nach mehr Aktion. Sich nur über Probleme und Missstände zu unterhalten ist zwar ein guter Anfang, jedoch bringt dieser nicht weit, wenn danach eine Handlung aus bleibt. KeltologInnen sollten vermehrt mit ihren Forschungsergebnissen in die Öffentlichkeit treten, damit diese auch rezipiert werden. Dabei ist ein wichtiger Aspekt der Bezug zum Alltag, der auch in Forschungsbereichen, die sich auf ersten Blick gar nicht auf ihn beziehen, hergestellt werden sollte. Schliesslich leben wir im gegenwärtigen Alltag, und wir möchten unsere Forschungsergebnisse anderen Mitmenschen in verständlicher Art und Weise vermitteln. Die Forschungsarbeit, und v.a. ihre Vermittlung sollte sich nicht als etwas vom Alltag abgehobenem verstehen (auch wenn das Forschungsfeld gar nichts alltägliches ist). Mit gutem Beispiel für eine alltagsnahe Vermittlungsarbeit von höchst abstrakten Theorien geht uns Harald Lesch voran (z.B. http://www.youtube.com/watch?v=lsb558g5h4g).
Doch wie schaut der finanzielle Aspekt aus? Wie wir alle schmerzlich erfahren mussten, wird die kulturwissenschaftliche Keltologie an der Universität Wien als Fachbereich aussterben. Wir sind Teil der letzten Generation, die von diesem interdisziplinären Ansatz profitieren konnte. Dies erschwert zwar einerseits die Situation für diejenigen, die aus ihrer Passion - nämlich der Auseinandersetzung mit kulturwissenschaftlichen Fragen zu "den Kelten" - ihren Beruf machen möchten. Doch diese Situation sollte uns nicht alle Hoffnungen nehmen. Das breite Fachwissen und der inter-, bzw. transdisziplinäre Zugang zu verschiedenen Fachbereichen und Methoden ist eine große Stärke, die uns viele Tore öffnen kann. Die Diskurse um unsere wissenschaftlichen Begriffe und Konzepte - wie beispielsweise die "keltische Kultur" - sind durchaus auch auf andere Fachbereiche übertragbar. Verknüpfungen zu wichtigen Gegenwarts- und Alltagsthemen lassen sich zu Hauf herstellen und zum Zwecke der Beschaffung von Geldgebern vermarkten. Denn auch ohne in Esoterik oder "unseriöser" Pseudowissenschaft abzuschweifen können wir unsere wissenschaftlichen Konstrukte einem breiten Publikum auf fesselnde und bereichernde Art und Weise präsentieren. KeltologInnen sollten gerade in Zeiten, in denen eine universitäre Infrastruktur zusammenbricht, selbstbewusst, vernetzt und organisiert auftreten - und ihr Wissen und ihre Kompetenzen dazu nutzen, dies auf neuen und alternativen Wegen zu versuchen.
Ich möchte mich herzlich bei allen Proseminar TeilnehmerInnen herzlich für die rege Mitarbeit und der engagierten Beteiligung an den Diskussionen bedanken. Meine Ziele für das PS haben sich vollauf erfüllt und ich hoffe, dass nicht nur ich viele gute Anregungen, sowie neue Kontakte mitnehmen konnte.
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Montag, 18. Juni 2012
Diskussion im PS Keltische Kultur: Ist Keltische Kultur eine sinnvolle Kategorie?
Nach der Zusammenfassung von kulturkritischen Ansätzen und deren Rezeption in Keltologie und Archäologie fand die zweitletzte Diskussionsrunde dieses Proseminars statt.
Wie wir eingangs des Proseminars bereits besprochen haben, tendiert der Kulturbegriff in seiner Definition und Verwendung im Alltag, aber auch in der wissenschaftlichen Praxis nicht hinterfragt zu werden. Kultur scheint ein selbstverständlicher Bereich des menschlichen Daseins zu sein. Seit der anthropologischen Wende in den Kulturwissenschaften, die in den 1960/70ern ihren Lauf nahm, ist Kultur ein wichtiges Interpretament geworden. In der Archäologie und in der Keltologie wird Kultur nach wie vor tendenziell als statische, homogene und abgeschlossene Kategorie aufgefasst. Prozessuelle Ansätze versuchen durch komplexe, sich in ständigem Wandel befindende Kulturkonzepte auf solche Modelle zu kontern. Post-prozessuelle Ansätze verweisen zudem auf den von der wissenschaftlichen Herangehensweise beeinflussten Konstruktcharakter solcher wissenschaftlichen Konzepte und Kategorien, sowie auf die notwendige wissenschaftliche Selbstkritik.
Die Verwendung der Kategorie "Kultur" kann im wissenschaftlichen Bereich durchaus sinnvoll sein. Doch die Fokussierung auf die Kategorie "Kultur" hat auch Nachteile. Vertreter der Kulturkritik haben darauf aufmerksam gemacht, dass die Beschränkung auf kulturelle Bereiche, wie habitueller Lebensstil (Anm.: Habitus im Sinne Bourdieus als ein kulturell bedingtes System von Dispositionen, auf dem Praktiken und Vorstellungen einer sozialen Gruppe basieren) oder ethnische Identität, zur Ausklammerung von sozialen Faktoren (z.B. Diskussionen über soziale Ungleichheit) führen kann. Ein wichtiger Nachteil der Überbetonung vom Kulturalen ist also der Verlust der sozialen Argumentationsebene, was die Konstruktion von einseitigen Weltbildern zur Folge hat .
Auch im Alltag ist "Kultur" ein etablierter Begriff, jedoch mit meist weit weniger kritischem Umgang. In der alltäglichen Praxis können wir bestimmte kulturelle Merkmale relativ spontan einer bestimmten Kultur zuordnen. Sprachen oder Dialekte verweisen auf die ethnische oder regionale Herkunft des Sprechers/der Sprecherin; Bräuche oder Umgangsformen lassen auf einen bestimmten kulturellen und habituellen Hintergrund schließen. Das Konzept von Nation und Nationalität (Stichwort: nationale Identität) ist auch stark an nationalen Kulturvorstellungen gekoppelt. Diese einfachen Zuordnungen basieren auf etablierten Vorstellungen der eigenen und von fremden Kulturen.
Im Alltag werden solche Vorstellungen tendenziell als unverrückbare Tatsachen, und nicht als soziale Konstrukte wahrgenommen. Schließlich liegen die beobachtbaren Unterschiede nicht am Auge des Betrachters, sondern lassen sich auf auf uralte Herkunft zurückgehende Beschaffenheiten zurückführen. Oder? Post-prozessuelle und konstruktivistische Ansätze gehen davon aus, dass Kategorien wie "Kultur", sowie die Wahrnehmung und Beschreibung von Kulturelementen in erster Linie nicht von einer in der Realität unabhängig vom Betrachter existierenden Sache, sondern vom Standpunkt des Beobachters abhängen. Der Standpunkt des Beobachters bestimmt, was wie erkannt wird, und was überhaupt erkannt wird.
Ein weiterer problematischer Faktor ist die Instrumentalisierung der Kategorie "Kultur" im sozial-politischen Kontext. In der letzten Proseminar Einheit haben wir darüber diskutiert, wie Elemente keltischer Kultur beispielsweise dazu herangezogen werden, um moderne sozial-politische Identitäten zu konstruieren. In der Alltags-Praxis herrschen vorwiegend Vorstellungen vor, die Kultur als etwas eindeutiges, abgeschlossenes und besonders charakteristisches, bzw. authentisches begreifen. Durch den nicht kritischen Umgang mit kulturellen Argumenten werden konstruierte Wahrheiten schnell mal als Tatsachen akzeptiert.
Was für Konsequenzen sollten wir ForscherInnen daraus ziehen? Soll der Kulturbegriff, oder ein Konzept keltischer Kultur als wissenschaftlicher Kategorie aufgegeben werden?
Gerade weil Kultur und ähnlich problematische Kategorien wie ethnische Identität in aktuellen sozialen Diskursen wichtige und nach wie vor problematische Bereiche des Alltags ausmachen ist es wichtig, sich auch im wissenschaftlichen Bereich mit diesen auseinander zu setzen. Die aktuelle EU Kampagne "Für Vielfalt. Gegen Diskriminierung." zeigt, dass Themen wie Rasse, ethnische Herkunft, usw. nach wie vor brandaktuell sind. Die kritischen und aus mehreren Perspektiven erarbeiteten Positionen aus wissenschaftlichen Fachbereichen können, wenn adäquat für eine alltägliche Rezeption aufbereitet, den gesellschaftlichen Diskurs bereichern und Einseitigkeiten entschärfen.
Im Bereich der Keltologie oder der Archäologie sind Alltagsthemen natürlich nur zweitrangig interessant. Zumindest auf dem ersten Blick. Doch darf man nicht vergessen, dass 1. WissenschaftlerInnen in den zeitgenössischen Alltag eingebunden sind und somit von akuellen Diskursen mindestens indirekt beeinflusst sind (Stichwort: Zeitgeist), und 2. dass gerade archäologische oder keltologische Themen gerne herangezogen werden, um Mythen und Traditionen zu schaffen. Ein Einbeziehen der Gegenwarts-Perspektive und die Forderung nach Aufbereitung der Forschungsergebnisse für ein breites öffentliches Publikum macht also mehrfach Sinn. Ein möglicher Ansatz, um kritische Anschauungsweisen bei einer breiteren Öffentlichkeit zu fördern könnte sein, interessierte Menschen auf problematische Annahmen aufmerksam zu machen. Dazu ist es allerdings notwendig die komplexen und Alltags-fernen, wissenschaftlichen Überlegungen alltagstauglich (sprich: allgemein verständlich) zu machen. Manchmal reicht vermutlich nur der Hinweis auf eine vermeintlich offensichtliche Tatsache, um kritische Überlegungen und Hinterfragen hervorzurufen.
Was die Sinnhaftigkeit einer Kategorie "Keltische Kultur" angeht, sind sich alle DiskussionsteilnehmerInnen einig, dass vorherrschende Vorstellungen einer einst über das gesamte Europa verbreiteten, einheitlichen keltischen Kultur nicht dem heutigen Stand der Forschung entsprechen. Aktuelle Kulturmodelle, die versuchen Kultur als eine prozessuelle, komplexe Kategorie zu begreifen, sowie kulturkritische Ansätze sollten in jedem Fall berücksichtigt werden, wenn mit dem Begriff "Kultur" operiert wird. Und zugleich sollten sich die WissenschaftlerInnen ihrer eigenen Perspektive und habituellen Disposition bewusst sein, die sie in ihren Überlegungen und Sichtweisen beeinflussen.
Wie wir eingangs des Proseminars bereits besprochen haben, tendiert der Kulturbegriff in seiner Definition und Verwendung im Alltag, aber auch in der wissenschaftlichen Praxis nicht hinterfragt zu werden. Kultur scheint ein selbstverständlicher Bereich des menschlichen Daseins zu sein. Seit der anthropologischen Wende in den Kulturwissenschaften, die in den 1960/70ern ihren Lauf nahm, ist Kultur ein wichtiges Interpretament geworden. In der Archäologie und in der Keltologie wird Kultur nach wie vor tendenziell als statische, homogene und abgeschlossene Kategorie aufgefasst. Prozessuelle Ansätze versuchen durch komplexe, sich in ständigem Wandel befindende Kulturkonzepte auf solche Modelle zu kontern. Post-prozessuelle Ansätze verweisen zudem auf den von der wissenschaftlichen Herangehensweise beeinflussten Konstruktcharakter solcher wissenschaftlichen Konzepte und Kategorien, sowie auf die notwendige wissenschaftliche Selbstkritik.
Die Verwendung der Kategorie "Kultur" kann im wissenschaftlichen Bereich durchaus sinnvoll sein. Doch die Fokussierung auf die Kategorie "Kultur" hat auch Nachteile. Vertreter der Kulturkritik haben darauf aufmerksam gemacht, dass die Beschränkung auf kulturelle Bereiche, wie habitueller Lebensstil (Anm.: Habitus im Sinne Bourdieus als ein kulturell bedingtes System von Dispositionen, auf dem Praktiken und Vorstellungen einer sozialen Gruppe basieren) oder ethnische Identität, zur Ausklammerung von sozialen Faktoren (z.B. Diskussionen über soziale Ungleichheit) führen kann. Ein wichtiger Nachteil der Überbetonung vom Kulturalen ist also der Verlust der sozialen Argumentationsebene, was die Konstruktion von einseitigen Weltbildern zur Folge hat .
Auch im Alltag ist "Kultur" ein etablierter Begriff, jedoch mit meist weit weniger kritischem Umgang. In der alltäglichen Praxis können wir bestimmte kulturelle Merkmale relativ spontan einer bestimmten Kultur zuordnen. Sprachen oder Dialekte verweisen auf die ethnische oder regionale Herkunft des Sprechers/der Sprecherin; Bräuche oder Umgangsformen lassen auf einen bestimmten kulturellen und habituellen Hintergrund schließen. Das Konzept von Nation und Nationalität (Stichwort: nationale Identität) ist auch stark an nationalen Kulturvorstellungen gekoppelt. Diese einfachen Zuordnungen basieren auf etablierten Vorstellungen der eigenen und von fremden Kulturen.
Im Alltag werden solche Vorstellungen tendenziell als unverrückbare Tatsachen, und nicht als soziale Konstrukte wahrgenommen. Schließlich liegen die beobachtbaren Unterschiede nicht am Auge des Betrachters, sondern lassen sich auf auf uralte Herkunft zurückgehende Beschaffenheiten zurückführen. Oder? Post-prozessuelle und konstruktivistische Ansätze gehen davon aus, dass Kategorien wie "Kultur", sowie die Wahrnehmung und Beschreibung von Kulturelementen in erster Linie nicht von einer in der Realität unabhängig vom Betrachter existierenden Sache, sondern vom Standpunkt des Beobachters abhängen. Der Standpunkt des Beobachters bestimmt, was wie erkannt wird, und was überhaupt erkannt wird.
Ein weiterer problematischer Faktor ist die Instrumentalisierung der Kategorie "Kultur" im sozial-politischen Kontext. In der letzten Proseminar Einheit haben wir darüber diskutiert, wie Elemente keltischer Kultur beispielsweise dazu herangezogen werden, um moderne sozial-politische Identitäten zu konstruieren. In der Alltags-Praxis herrschen vorwiegend Vorstellungen vor, die Kultur als etwas eindeutiges, abgeschlossenes und besonders charakteristisches, bzw. authentisches begreifen. Durch den nicht kritischen Umgang mit kulturellen Argumenten werden konstruierte Wahrheiten schnell mal als Tatsachen akzeptiert.
Was für Konsequenzen sollten wir ForscherInnen daraus ziehen? Soll der Kulturbegriff, oder ein Konzept keltischer Kultur als wissenschaftlicher Kategorie aufgegeben werden?
Gerade weil Kultur und ähnlich problematische Kategorien wie ethnische Identität in aktuellen sozialen Diskursen wichtige und nach wie vor problematische Bereiche des Alltags ausmachen ist es wichtig, sich auch im wissenschaftlichen Bereich mit diesen auseinander zu setzen. Die aktuelle EU Kampagne "Für Vielfalt. Gegen Diskriminierung." zeigt, dass Themen wie Rasse, ethnische Herkunft, usw. nach wie vor brandaktuell sind. Die kritischen und aus mehreren Perspektiven erarbeiteten Positionen aus wissenschaftlichen Fachbereichen können, wenn adäquat für eine alltägliche Rezeption aufbereitet, den gesellschaftlichen Diskurs bereichern und Einseitigkeiten entschärfen.
Im Bereich der Keltologie oder der Archäologie sind Alltagsthemen natürlich nur zweitrangig interessant. Zumindest auf dem ersten Blick. Doch darf man nicht vergessen, dass 1. WissenschaftlerInnen in den zeitgenössischen Alltag eingebunden sind und somit von akuellen Diskursen mindestens indirekt beeinflusst sind (Stichwort: Zeitgeist), und 2. dass gerade archäologische oder keltologische Themen gerne herangezogen werden, um Mythen und Traditionen zu schaffen. Ein Einbeziehen der Gegenwarts-Perspektive und die Forderung nach Aufbereitung der Forschungsergebnisse für ein breites öffentliches Publikum macht also mehrfach Sinn. Ein möglicher Ansatz, um kritische Anschauungsweisen bei einer breiteren Öffentlichkeit zu fördern könnte sein, interessierte Menschen auf problematische Annahmen aufmerksam zu machen. Dazu ist es allerdings notwendig die komplexen und Alltags-fernen, wissenschaftlichen Überlegungen alltagstauglich (sprich: allgemein verständlich) zu machen. Manchmal reicht vermutlich nur der Hinweis auf eine vermeintlich offensichtliche Tatsache, um kritische Überlegungen und Hinterfragen hervorzurufen.
Was die Sinnhaftigkeit einer Kategorie "Keltische Kultur" angeht, sind sich alle DiskussionsteilnehmerInnen einig, dass vorherrschende Vorstellungen einer einst über das gesamte Europa verbreiteten, einheitlichen keltischen Kultur nicht dem heutigen Stand der Forschung entsprechen. Aktuelle Kulturmodelle, die versuchen Kultur als eine prozessuelle, komplexe Kategorie zu begreifen, sowie kulturkritische Ansätze sollten in jedem Fall berücksichtigt werden, wenn mit dem Begriff "Kultur" operiert wird. Und zugleich sollten sich die WissenschaftlerInnen ihrer eigenen Perspektive und habituellen Disposition bewusst sein, die sie in ihren Überlegungen und Sichtweisen beeinflussen.
Montag, 11. Juni 2012
Diskussionsrunde PS Keltische Kultur: Moderne Kelten und Keltomanie
Die heutige Lehrveranstaltungseinheit widmete sich den modernen Kelten und ihrer Identitätssuche in der Antike, bzw. im inselkeltischen Mittelalter. Nach einem Überblick über die vielfältigen Konnotationen des Keltenbegriffes in heutigen Alltagskontexten, insbesondere wenn es um Identitäten wie "Irishness" und "Welshness" oder esoterischen Bewegungen geht, fand erneut eine angeregte Diskussion statt.
Die Betonung der eigenen keltischen, bzw. spezifisch gälischen oder walisischen Identität von noch heute Keltisch sprechenden Randgruppen lässt sich auf eine emanzipatorische Auflehnung gegen eine aus historischen Gründen mächtigere und unterdrückende politische Macht zurückführen. Aufgrund der linguistischen Verwandtschaft der noch lebendigen keltischen Sprachen lässt sich einerseits ein gemeinsamer, inselkeltischer Ursprung rekonstruieren, andererseits eine Kontinuität zu den altkeltischen Sprachen ziehen, die auf dem europäischen Kontinent bezeugt sind. Sprache ist neben weiteren kulturellen Eigenheiten ein wichtiges Element, das zur Konstruktion von ethnischen oder nationalen Identitäten herangezogen wird.
Das Grundverständnis von Ethnien und Nationen geht auf völkische Ideen des ausgehenden 18./19. Jhs zurück. Noch heute besteht die idealisierte Vorstellung, dass Völker bzw. Ethnien einen gemeinsamen biologischen, oder zumindest kulturellen Ursprung haben, und dadurch von derselben Sprache und Kultur charakterisiert sind. Das Konzept von Nation gründet auf denselben Vorstellungen. Der Zusammenhalt ethnischer Gruppen oder Nationen wird durch die Betonung ihrer gemeinsamen Identitäten begründet und gestärkt. Um diese Identität zu begründen werden lokale Traditionen auf möglichst alte, gemeinsame Ursprünge zurückgeführt. Die hergestellten Kontinuitäten von mittelalterlichen, antiken oder gar älteren Kulturen werden seit den 1960er Jahren in kritischen Ansätzen als Konstrukte entlarvt, die nur unter bestimmten und stark vereinfachenden Voraussetzungen als Erklärung von sozialen und kulturellen Vorgängen dienlich sein können.
Im Alltag ist der Umgang mit solchen Vorstellungen tendenziell weniger kritisch als im wissenschaftlichen Kontext. Im (kultur)politischen Kontext werden mittelalterliche und antike "keltische" Quellen dazu verwendet, um ideologische oder politische Vorstellungen nach eigenem Gutdünken zu begründen und zu untermauern (Stichwort: Kulturerbe). Politisch aktive Gruppen berufen sich auf ihre keltischen Vorfahren und benutzen dieses Mittel zur Begründung und Untermauerung der eigenen Positionen und Rechte.
Im Bereich der "Kelten"-Literatur existieren viele pseudowissenschaftliche und esoterische Ansätze, die in erster Linie von romantischen und fiktionalen Vorstellungen geprägt sind. Fantasy Romane, Comics, aber auch geistige Führer mit alten "keltischen" Weisheiten und dergleichen füllen die Regale im Buchhandel. Nebst zahlreicher esoterischer Literatur gibt es auch aktive Keltenmystik-Revivals. Druidenseminare werden angeboten, um ursprüngliche und authentische Rituale fortzuführen, die vor der Dekadenz der modernen Gesellschaft bereits existiert haben. Darüberhinaus existieren mehrere aktive Druidenorden. Die Suche nach Ursprünglichkeit und Authentizität ist mit dem Bedürfnis nach Sicherheit, sowie dem romantischen Wunsch dem modernen Alltag zu entfliehen verbunden. Der Rückzug in die Mystik bildet ein Ausgleich zur modernen hektischen und entmystifizierten Welt.
Wie Umfragen gezeigt haben, kursieren im Alltag zahlreiche, im wissenschaftlichen Verständnis falsche Vorstellungen zu "den Kelten". Dies liegt unter anderem auch daran, dass fiktionale und esoterische Literatur u.a. Medien zahlreicher und leichter zugänglich sind als Fachliteratur. Die Suche nach "seriösen" Informationsquellen zu "den Kelten" gestaltet sich v.a. für interessierte Laien schwierig. Doch ist nicht auch wissenschaftliche Literatur deswegen schwieriger erreichbar, weil sich WissenschaftlerInnen mit ihren FachkollegInnen abgrenzen und die Diskurse im berühmten Elfenbeinturm verhallen? Wissenschaftliche Ansätze sind oft stark vom Alltäglichen abgehoben (theoretisch, keinen Bezug zum Alltag) und in einen für Laien nicht leicht durchschaubaren Kontext eingebunden (sprachlich und inhaltlich komplex oder sehr teilspezifisch). Es ist Teil der Vermittlungsarbeit die Themen Zielpublikumsgerecht aufzuarbeiten und in die Öffentlichkeit zu tragen.
Die starke Präsenz von bereits auf bestimmte Art und Weise etablierten keltologischen Themen in Alltags-Nischen erschwert die Vermittlungsarbeit von WissenschaftlerInnen. "Die Kelten" sind ein noch immer aktuelles, höchst modisches und vermarktbares Thema. Die verfügbaren Informationen gestalten sich dementsprechend.
Ein weiterer Aspekt ist, dass es nicht nur ein Zielpublikum gibt. Je nach Beweggrund für das Interesse an "den Kelten" unterscheiden sich die Zugänge zur Thematik. Nicht alle Kelten-Interessenten werden sich für nicht mystische oder esoterische Ansätze begeistern lassen. Im alltäglichen Kontext ist der Zugang zur Kelten-Thematik wohl eher auf persönlicher und unmittelbarer Ebene angesetzt (z.B. Ausdruck des eigenen Zugehörigkeitsgefühl, oder einer persönlichen Empfindung/Leidenschaft). Auch deswegen ist wohl fiktionale oder esoterische Kelten-Literatur beliebter (da leichte Lektüre!). Die unkritische Darstellung von mystischen und fiktionalen Konstrukten als wissenschaftliche Tatsachen ist jedoch problematisch. Die Instrumentalisierung von uralten "Tatsachen" zu ideologischen oder politischen Zwecken ist ebenso problematisch zu werten (vgl. die Germanomanie in der ersten Hälfte des 20. Jh.!).
Wissenschaftliche Arbeit grenzt sich bewusst von pseudowissenschaftlichen bzw. esoterischen Ansätzen ab. WissenschaftlerInnen versuchen die Thematik auf möglichst objektiver, bzw. intersubjektiver Weise anzugehen. Eine wissenschaftliche Herangehensweise scheint im Unterschied zu romantischen und fiktionalen Ansätzen Schlussfolgerungen zu ermöglichen, die auf tatsächlichen historischen Fakten basieren. Doch ist die Grenze zwischen Wissenschaftlichkeit und Unwissenschaftlichkeit wirklich so klar auszumachen?
Wie wir im Proseminar bereits mehrfach diskutiert haben sind auch wissenschaftliche Ergebnisse von bestimmten Kontexten und Prämissen abhängig. Nur mit klaren Beschränkungen und Festsetzungen durch den/die WissenschaftlerIn lassen sich Bedeutungen und Aussagen konstruieren; historische oder kulturwissenschaftliche Tatsachen per se existieren nicht. Auch historische Fakten werden konstruiert und hängen von der Perspektive des Betrachters ab. Wie Pseudowissenschaftler und Esoteriker sind auch Wissenschaftler in besondere und Lebenskontexte (und auch Forschungskontexte!) eingebundene Individuen. Durch diese wird ihre Arbeit bewusst oder unbewusst beeinflusst. Die politische Einstellung der Forscherpersönlichkeit beispielsweise lässt sich nicht ausschalten: die Aussagen, die durch ihre wissenschaftliche Forschung getroffen werden, werden nie der politischen Einstellung der ForscherIn widersprechen. Wegen der starken Prägung durch den eigenen Alltag projizieren ForscherInnen aktuelle Positionen und Sichtweisen automatisch auf die Vergangenheit. Produzierte Bilder von Vergangenheit sind keine Tatsachenwiderspiegelungen, sondern zeitspezifische Interpretationen und Darstellungen von Inhalten. Sie hängen immer mit kulturellen, politischen, religiösen etc. Aspekten der ForscherInnen und ihrer Forschungsgemeinde zusammen. Die Motive der ForscherInnen können zudem durchaus ähnliche sein wie die von politisch aktiven Keltomanen. Und nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass keltische Forschungen oft nur dann finanziert werden, wenn die Ergebnisse irgendwie vermarktbar sind, was letztere durchaus auch beeinflussen kann.
Eine wichtige Aufgabe der Keltologie ist es, mit kursierenden unkritischen Ansätzen aufzuräumen. Doch ebenso wichtig ist der (selbst)kritische Umgang mit den eigenen Theoriegebilden.
Ein weiterer Aspekt ist die Berücksichtigung der im Alltag neu benutzten und umgesetzten keltologischen Themen. Die modernen Kelten, in politischen, esoterischen und anderen Kontexten, sind Realität, auch wenn ihre Vorstellungen auf aus wissenschaftlicher Perspektive falschen Tatsachen basieren. Keltologische Ansätze sind auch immer eine Antwort auf den modernen Umgang mit keltologischen Themen im Alltag.
Wenn sich die Keltologie im heutigen Alltag positionieren möchte, sollte sie sich auch mit soziologischen Ansätzen und der Alltagsforschung der "modernen Kelten" auseinandersetzen. "Die Kelten" sind für viele zeitgenössische soziale Gruppen und Individuen wichtige Instrumente der Identitätbildung. Wenn dieser Bereich ausgeklammert wird droht die Gefahr, dass die kritische Rezeption der zahlreich kursierenden Mythen nicht stattfindet. Dazu ist eine angebrachte Herangehensweise notwendig. Keltologische Ansätze sollten nicht moderne Identitäten zerstören bzw. aufklären wollen, sondern die herangezogenen Kontexte aufbereiten und damit einhergehende Problematiken thematisieren. Dies kann ein wichtiger Bereich der breiten, kulturwissenschaftlichen Keltologie sein.
In der heutigen Diskussion wurden viele wichtige und aktuelle Punkte einer kritischen Perspektive auf die keltologische Forschungsarbeit und die keltischen Themen im Alltag angesprochen. Durch diesen kurzen Blog-Beitrag konnte kaum allen Aspekten gleichermaßen Rechnung getragen werden. Alle bisherigen Diskussionsbeiträge sind im Grunde erster Ansätze für weiterführende Überlegungen. Ich hoffe, dass die kurzen Abrisse, die einen Einblick in die Diskussionen bieten, weiteren ForscherInnen zur Anregung dienen können.
Die Betonung der eigenen keltischen, bzw. spezifisch gälischen oder walisischen Identität von noch heute Keltisch sprechenden Randgruppen lässt sich auf eine emanzipatorische Auflehnung gegen eine aus historischen Gründen mächtigere und unterdrückende politische Macht zurückführen. Aufgrund der linguistischen Verwandtschaft der noch lebendigen keltischen Sprachen lässt sich einerseits ein gemeinsamer, inselkeltischer Ursprung rekonstruieren, andererseits eine Kontinuität zu den altkeltischen Sprachen ziehen, die auf dem europäischen Kontinent bezeugt sind. Sprache ist neben weiteren kulturellen Eigenheiten ein wichtiges Element, das zur Konstruktion von ethnischen oder nationalen Identitäten herangezogen wird.
Das Grundverständnis von Ethnien und Nationen geht auf völkische Ideen des ausgehenden 18./19. Jhs zurück. Noch heute besteht die idealisierte Vorstellung, dass Völker bzw. Ethnien einen gemeinsamen biologischen, oder zumindest kulturellen Ursprung haben, und dadurch von derselben Sprache und Kultur charakterisiert sind. Das Konzept von Nation gründet auf denselben Vorstellungen. Der Zusammenhalt ethnischer Gruppen oder Nationen wird durch die Betonung ihrer gemeinsamen Identitäten begründet und gestärkt. Um diese Identität zu begründen werden lokale Traditionen auf möglichst alte, gemeinsame Ursprünge zurückgeführt. Die hergestellten Kontinuitäten von mittelalterlichen, antiken oder gar älteren Kulturen werden seit den 1960er Jahren in kritischen Ansätzen als Konstrukte entlarvt, die nur unter bestimmten und stark vereinfachenden Voraussetzungen als Erklärung von sozialen und kulturellen Vorgängen dienlich sein können.
Im Alltag ist der Umgang mit solchen Vorstellungen tendenziell weniger kritisch als im wissenschaftlichen Kontext. Im (kultur)politischen Kontext werden mittelalterliche und antike "keltische" Quellen dazu verwendet, um ideologische oder politische Vorstellungen nach eigenem Gutdünken zu begründen und zu untermauern (Stichwort: Kulturerbe). Politisch aktive Gruppen berufen sich auf ihre keltischen Vorfahren und benutzen dieses Mittel zur Begründung und Untermauerung der eigenen Positionen und Rechte.
Im Bereich der "Kelten"-Literatur existieren viele pseudowissenschaftliche und esoterische Ansätze, die in erster Linie von romantischen und fiktionalen Vorstellungen geprägt sind. Fantasy Romane, Comics, aber auch geistige Führer mit alten "keltischen" Weisheiten und dergleichen füllen die Regale im Buchhandel. Nebst zahlreicher esoterischer Literatur gibt es auch aktive Keltenmystik-Revivals. Druidenseminare werden angeboten, um ursprüngliche und authentische Rituale fortzuführen, die vor der Dekadenz der modernen Gesellschaft bereits existiert haben. Darüberhinaus existieren mehrere aktive Druidenorden. Die Suche nach Ursprünglichkeit und Authentizität ist mit dem Bedürfnis nach Sicherheit, sowie dem romantischen Wunsch dem modernen Alltag zu entfliehen verbunden. Der Rückzug in die Mystik bildet ein Ausgleich zur modernen hektischen und entmystifizierten Welt.
Wie Umfragen gezeigt haben, kursieren im Alltag zahlreiche, im wissenschaftlichen Verständnis falsche Vorstellungen zu "den Kelten". Dies liegt unter anderem auch daran, dass fiktionale und esoterische Literatur u.a. Medien zahlreicher und leichter zugänglich sind als Fachliteratur. Die Suche nach "seriösen" Informationsquellen zu "den Kelten" gestaltet sich v.a. für interessierte Laien schwierig. Doch ist nicht auch wissenschaftliche Literatur deswegen schwieriger erreichbar, weil sich WissenschaftlerInnen mit ihren FachkollegInnen abgrenzen und die Diskurse im berühmten Elfenbeinturm verhallen? Wissenschaftliche Ansätze sind oft stark vom Alltäglichen abgehoben (theoretisch, keinen Bezug zum Alltag) und in einen für Laien nicht leicht durchschaubaren Kontext eingebunden (sprachlich und inhaltlich komplex oder sehr teilspezifisch). Es ist Teil der Vermittlungsarbeit die Themen Zielpublikumsgerecht aufzuarbeiten und in die Öffentlichkeit zu tragen.
Die starke Präsenz von bereits auf bestimmte Art und Weise etablierten keltologischen Themen in Alltags-Nischen erschwert die Vermittlungsarbeit von WissenschaftlerInnen. "Die Kelten" sind ein noch immer aktuelles, höchst modisches und vermarktbares Thema. Die verfügbaren Informationen gestalten sich dementsprechend.
Ein weiterer Aspekt ist, dass es nicht nur ein Zielpublikum gibt. Je nach Beweggrund für das Interesse an "den Kelten" unterscheiden sich die Zugänge zur Thematik. Nicht alle Kelten-Interessenten werden sich für nicht mystische oder esoterische Ansätze begeistern lassen. Im alltäglichen Kontext ist der Zugang zur Kelten-Thematik wohl eher auf persönlicher und unmittelbarer Ebene angesetzt (z.B. Ausdruck des eigenen Zugehörigkeitsgefühl, oder einer persönlichen Empfindung/Leidenschaft). Auch deswegen ist wohl fiktionale oder esoterische Kelten-Literatur beliebter (da leichte Lektüre!). Die unkritische Darstellung von mystischen und fiktionalen Konstrukten als wissenschaftliche Tatsachen ist jedoch problematisch. Die Instrumentalisierung von uralten "Tatsachen" zu ideologischen oder politischen Zwecken ist ebenso problematisch zu werten (vgl. die Germanomanie in der ersten Hälfte des 20. Jh.!).
Wissenschaftliche Arbeit grenzt sich bewusst von pseudowissenschaftlichen bzw. esoterischen Ansätzen ab. WissenschaftlerInnen versuchen die Thematik auf möglichst objektiver, bzw. intersubjektiver Weise anzugehen. Eine wissenschaftliche Herangehensweise scheint im Unterschied zu romantischen und fiktionalen Ansätzen Schlussfolgerungen zu ermöglichen, die auf tatsächlichen historischen Fakten basieren. Doch ist die Grenze zwischen Wissenschaftlichkeit und Unwissenschaftlichkeit wirklich so klar auszumachen?
Wie wir im Proseminar bereits mehrfach diskutiert haben sind auch wissenschaftliche Ergebnisse von bestimmten Kontexten und Prämissen abhängig. Nur mit klaren Beschränkungen und Festsetzungen durch den/die WissenschaftlerIn lassen sich Bedeutungen und Aussagen konstruieren; historische oder kulturwissenschaftliche Tatsachen per se existieren nicht. Auch historische Fakten werden konstruiert und hängen von der Perspektive des Betrachters ab. Wie Pseudowissenschaftler und Esoteriker sind auch Wissenschaftler in besondere und Lebenskontexte (und auch Forschungskontexte!) eingebundene Individuen. Durch diese wird ihre Arbeit bewusst oder unbewusst beeinflusst. Die politische Einstellung der Forscherpersönlichkeit beispielsweise lässt sich nicht ausschalten: die Aussagen, die durch ihre wissenschaftliche Forschung getroffen werden, werden nie der politischen Einstellung der ForscherIn widersprechen. Wegen der starken Prägung durch den eigenen Alltag projizieren ForscherInnen aktuelle Positionen und Sichtweisen automatisch auf die Vergangenheit. Produzierte Bilder von Vergangenheit sind keine Tatsachenwiderspiegelungen, sondern zeitspezifische Interpretationen und Darstellungen von Inhalten. Sie hängen immer mit kulturellen, politischen, religiösen etc. Aspekten der ForscherInnen und ihrer Forschungsgemeinde zusammen. Die Motive der ForscherInnen können zudem durchaus ähnliche sein wie die von politisch aktiven Keltomanen. Und nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass keltische Forschungen oft nur dann finanziert werden, wenn die Ergebnisse irgendwie vermarktbar sind, was letztere durchaus auch beeinflussen kann.
Eine wichtige Aufgabe der Keltologie ist es, mit kursierenden unkritischen Ansätzen aufzuräumen. Doch ebenso wichtig ist der (selbst)kritische Umgang mit den eigenen Theoriegebilden.
Ein weiterer Aspekt ist die Berücksichtigung der im Alltag neu benutzten und umgesetzten keltologischen Themen. Die modernen Kelten, in politischen, esoterischen und anderen Kontexten, sind Realität, auch wenn ihre Vorstellungen auf aus wissenschaftlicher Perspektive falschen Tatsachen basieren. Keltologische Ansätze sind auch immer eine Antwort auf den modernen Umgang mit keltologischen Themen im Alltag.
Wenn sich die Keltologie im heutigen Alltag positionieren möchte, sollte sie sich auch mit soziologischen Ansätzen und der Alltagsforschung der "modernen Kelten" auseinandersetzen. "Die Kelten" sind für viele zeitgenössische soziale Gruppen und Individuen wichtige Instrumente der Identitätbildung. Wenn dieser Bereich ausgeklammert wird droht die Gefahr, dass die kritische Rezeption der zahlreich kursierenden Mythen nicht stattfindet. Dazu ist eine angebrachte Herangehensweise notwendig. Keltologische Ansätze sollten nicht moderne Identitäten zerstören bzw. aufklären wollen, sondern die herangezogenen Kontexte aufbereiten und damit einhergehende Problematiken thematisieren. Dies kann ein wichtiger Bereich der breiten, kulturwissenschaftlichen Keltologie sein.
In der heutigen Diskussion wurden viele wichtige und aktuelle Punkte einer kritischen Perspektive auf die keltologische Forschungsarbeit und die keltischen Themen im Alltag angesprochen. Durch diesen kurzen Blog-Beitrag konnte kaum allen Aspekten gleichermaßen Rechnung getragen werden. Alle bisherigen Diskussionsbeiträge sind im Grunde erster Ansätze für weiterführende Überlegungen. Ich hoffe, dass die kurzen Abrisse, die einen Einblick in die Diskussionen bieten, weiteren ForscherInnen zur Anregung dienen können.
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Über mich
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- Wien, Austria
- Junior Researcher at AIT, Austrian Institute of Technology in Vienna.